Gärten im Einklang mit Natur und Klima
Pressebericht PNP vom 22.07.2021
Text und Bild mit freundlicher Genehmigung von Frau Anwander
Bürgerwerkstatt „Natur und Garten“ informiert über naturnahe Gartengestaltung
Brachen eine Lanze für die naturnahe Gestaltung von Gärten und Flächen: Ingrid Wischka (v.l.), Sabine Finster, Haimings Bürgermeister Wolfgang Beier, Andreas Baumgartner, Bürgermeister Maik Krieger, Christian Feuchtner und Baumwart Hubert Köck. −Fotos: Anwander
Garching.
Die naturnahe Gestaltung öffentlicher Flächen und privater Gärten stand im Mittelpunkt einer Veranstaltung der „Bürgerwerkstatt Natur und Garten“, einer Arbeitsgemeinschaft Garchinger Bürgerinnen und Bürger zusammen mit dem Gartenbauverein Hart. Bei allen Beiträgen konzentrierte sich der Schwerpunkt auf eine Rückkehr zur Natur mit unverfälschter Flora und Fauna, was zugleich einen wichtigen Beitrag gegen den sich anbahnenden Klimawandel bedeutet.
Im Nikolaussaal hatten sich zu dieser Veranstaltung nicht nur interessierte Besucher sondern auch verschiedenen Referenten und kommunale Mandatsträger eingefunden. Bürgermeister Maik Krieger oblag die Begrüßung der abendlichen Gäste sowie die Moderation. Bevor er das Rednerpult den verschiedenen Referenten überließ, gab er kurz eine Information über die Entwicklung der Gemeinde Garching vom 762 Einwohner zählenden Dorf im Jahr 1905 bis zum heutigen Stand mit 8700 Einwohnern. Anlehnend an das Thema „Natur und Garten“ schilderte er im Detail die jeweilige Flächennutzung mit 605 ha für die Landwirtschaft und 192 ha für Wohnbebauung bei einer Gesamt-Gemeindefläche von 2587 ha. Die verbleibenden Hektar setzen sich aus Alzauen, Bannwälder und sonstigen Wäldern, Brennen, Ausgleichsflächen, Wasserläufen und ökologisch wichtigen öffentlichen Flächen, zusammen wie Maik Krieger erläuterte.
Als erster Referent wandte sich Christian Feuchtner vom Gartenbauverein Hart an die Besucher. Seine Ausführungen, die er ebenso wie die weiteren Referenten mit Lichtbildern kombinierte, betrafen vor allem das „Baumpatenprojekt“, das der Gartenbauverein Hart gemeinsam mit der Gemeinde Garching verwirklichte und das zu einem großen Erfolg führte. Als Beweggründe für diese Aktion nannte einen greifbaren Beitrag zur Verbesserung des Klimas, die Schaffung eines gesunden Mikroklimas, eine emotionale Bindung an die Gemeinde durch die Patenschaften sowie eine Aufwertung der Aufenthaltsqualität innerhalb der Kommune. Ferner verwies Christian Feuchtner auf die Anlage einer Streuobstwiese im Ortsteil Hart, der ein sozialer ebenso wie ein ökologischer Aspekt zugrunde lag. Diesem Projekt stand der Landschaftspflegeverband beratend beiseite. Neben den beiden Hauptakteuren Christian Feuchtner und dem gemeindlichen Baumwart Huber Köck unterstützten die Gemeinde und eifrige Vereinsmitglieder das Vorhaben.
„Naturnahe Privatgärten“ nahm sich der Landschaftspflege-Sachgebietsleiter Andreas Baumgartner vom Landratsamt Altötting zum Thema. Er schilderte einen naturnahen Garten als lebendige Vielfalt mit vielseitigen Elementen wie Strauchhecken, Stauden, Bäumen, Blumen und Grünflächen. Diese Kombination schaffe auch Lebensräume für Tiere und Insekten, die dort ihre Nahrungsquellen finden. Ferner sprach er sich für eine nachhaltige Bewirtschaftung von Gartenflächen mit Obstbäumen und Beerensträuchern, Gemüseanbau und Kräutern aus. Zur Nachhaltigkeit zählte er auch die eigene Kompostierung, eine naturnahe Bodenpflege, vorhandene Nützlingsunterkünfte wie „Insektenhotels“ sowie die Regenwassernutzung und den sparsamen Umgang mit dem Element Wasser auf. Wichtig sei bei der Bewirtschaftung ferner eine ressourcenschonende Materialwahl. Bewusst verzichtet werden sollte bei einem wirklichen Naturgarten auf chemisch-synthetischen Dünger, chemische Pflanzenschutzmittel sowie torfhaltige Substrate. Abschließend verwies Andreas Baumgartner auf die Möglichkeit der Naturgartenzertifizierung für Gartenbesitzer.
Sabine Finster vom Landschaftspflegeverband blickte hingegen auf den „öffentlichen Raum“ und dessen naturnahe Gestaltung. Sie schilderte dazu die verschiedenen Projekte, die thematisiert und in den vergangenen Jahren in den Städten und Gemeinden des Landkreises realisiert wurden wie zum Beispiel das Wildbienenprojekt „Wilde Sabiene“ oder „Saat´s Bleamal“. Im Vordergrund aller Projekte stehe die insektenfreundliche Bewirtschaftung von kommunalen Flächen in Form von Blühstreifen entlang von Straßen und Parkplätzen sowie auf Magerflächen. Dabei können aus kahlen Stellen wahre Blühparadiese entstehen, bekräftigte Sabine Finster und belegte dies mit fotografischen Dokumenten. Saatgut aus heimischen Regionen erhalte dabei den Vorrang. Ferner informierte sie über die damit verbundene Entwicklungskette für Insekten und Kleintiere. Ihren Worten war auch die erforderliche Vorgehensweise zur insektenfreundlichen Umgestaltung von Flächen zu entnehmen. Den Gemeinden riet sie zu einer Reduzierung der Lichtverschmutzung in Form von insektenfreundlicher Beleuchtung. Wie Bürgermeister Maik Krieger dazu äußerte, habe die Gemeinde inzwischen rund 75 Prozent ihrer Straßenbeleuchtung auf dimmbare LED-Lampen umgestellt und auch stellenweise Abschaltungen vorgenommen. Die Umstellung der restlichen Straßenbeleuchtung ist für nächstes Jahr auf dem Plan.
Mit zum Thema „Naturgarten“ gehört auch eine entsprechende Einfriedung. Aus aktuellem Anlass war deshalb der Bürgermeister der Gemeinde Haiming Wolfgang Beier zu Gast. In seiner Gemeinde wurde kürzlich eine Satzung über Einfriedungen erlassen. Wie Wolfgang Beier schilderte, hätten mehrere Beispiele von hohen Mauern sowie Matten- und Folienzäunen zur Diskussion und schließlich zum Satzungsbeschluss geführt. „Einfriedungen verleihen dem Ort eine besondere Prägung“ zeigte sich der Haiminger Bürgermeister überzeugt und sprach sich gegen die burgartige Umschließung von Grundstücken aus. Per Satzung wurde unter anderem die maximale Zaunhöhe abweichend von der Bayerischen Bauordnung von 2 Meter auf 1,2 Meter reduziert und geschlossene Einfriedungen als unzulässig erklärt. Abweichungen von dem Konzept, das in einem Zeitraum von vier Monaten in der Gemeinde erarbeitet wurde, bedürften seit 1. Juni dieses Jahres einer Genehmigung durch die Gemeinde, so Beier. Zur Satzung wurde gleichzeitig eine Broschüre für die Gemeindebürger entwickelt, die Information und Motivation gleichzeitig bewirken soll und Negativbeispiele sowie Anregungen für zulässige und naturverbundene Einfriedungen enthält. Wolfgang Beier wertete die neue Satzung auch als einen Anlass, mit seinen Bürgern ins Gespräch zu kommen.
Dem „Drei-Zonen-Garten nach Markus Gastl“ widmete sich Ingrid Wischka von der Arbeitsgruppe Natur und Garten. Sie erläuterte zunächst die Motivation und Absicht von Markus Gastl, der mit dem „Hortus-Netzwerk“ eine Vernetzung von Naturgärten schuf und dabei einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt leistet. Nach mehrjährigen Reisen per Rad durch die verschiedenen Erdteile sieht sich Markus Gastl „zur Wiedergutmachung an der Vielfalt des Lebens verpflichtet“. Ingrid Wischka zeigte sich überzeugt, dass der Schutz der Natur eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Der „Drei-Zonen-Garten“ sei ein Komplex aus „Vielfalt, Schönheit und Nutzen“. Beginnend bei natürlichen Einfriedungen mit regionalen Hecken und Pflanzen in Zone 1 beinhalte „Zone 2“ Wildblumenwiesen auf Magerflächen. „Zone 3“ ist die Ertragszone für Gemüse und Obst. Hier werde auch die Komposterde gewonnen aus verrottetem Pflanzenmaterial der beiden anderen Zonen, die zum Düngen verwendet wird. Naturmodule aus Naturmaterial wie Holz, Steine, Sand und Wasser mit stetigem Blick auf das Wohl der Insekten und Kleintiere können in Zone 1 und Zone 2 ihren Platz finden.
Den „Drei-Zonen-Garten“ schlug Ingrid Wischka im Namen der Arbeitsgruppe auch als Grundlage für eine Gestaltung des Gartengeländes der Salvisberg-Siedlung beziehungsweise SKW-Siedlung vor. Ihren Ausführungen zufolge könnte die 5000 qm große Fläche nach den Naturgartenprinzipien gestaltet und als öffentliche Parkanlage ausgewiesen werden. Zur Pflege wäre die Mitarbeit von Unterstützergruppe wie Gartenbauverein und Schulen nützlich. Denkbar sei auch lediglich die Gestaltung eines Schaugartens wenn die Gesamtfläche als zu groß für dieses Projekt bewertet werde. „Die Idee muss noch gemeinsam wachsen“, so Ingrid Wischka zum Schluss ihres Beitrages.
Ortsheimatpfleger Helmut Meisl erklärte zu den SKW-Gärten, dass die Idee zwar gut sei, bei einer Einbeziehung der Gesamtfläche jedoch der ursprüngliche Charakter der Anlage nicht mehr gewahrt sei. Ferner müsse jeder Mieter der SKW-Siedlung die Möglichkeit einer Gartenbewirtschaftung haben. Er äußerte ferner Bedenken, ob eine solche Gestaltung mit dem Denkmalschutz vereinbar wäre. Ein Mitglied des Garchinger Gartenbauvereins wies ferner darauf hin, dass der Verein bereits die Anlage eines Naturgartens auf diesem Gelände angestrebt habe, jedoch dabei bei der Bevölkerung auf wenig Verständnis stieß und sogar Vandalismus hinnehmen musste.
Amira Zaghdoudi machte seitens der Öko-Modellregion Inn-Salzach das Angebot zur Unterstützung beim Aufbau von Schulgärten sowie über Filmmaterial zu naturnahen Gärten, das abgerufen werden könne. Der 2. Bürgermeister der Gemeinde Tyrlaching Matthias Wolferstetter sah nach den verschiedenen Vorträgen viele Ansätze, um gemeinsam Ideen zu entwickeln. Er hoffte auf diesbezügliche Zusammenarbeit und sprach eine Einladung in seine Gemeinde aus.
Ein kleiner Gartenteich darf in einem naturnahen Garten nicht fehlen.
(Fotos: Anwander)